10 Fragen hinter einer Tür, denen er sich der Autorin Marlies Hanelt stellt.
Bin schon gespannt, wie sich Markus Kohler herauswindet.
Willkommen, Markus – zu meinen 10 Fragen. Bitte wahrheitsgemäß beantworten, sonst …
Der Autor Markus Kohler
1. Wann hat es Dich zum 1. Mal so richtig gepackt und vereinnahmt. Also dieses Gefühl, unbedingt Schreiben zu müssen, bevor Dein Gehirn zu platzen droht? Frei nach dem Motto – alles muss raus, sonst …
Schon in sehr frühen Jahren, denn ich hatte ein wirklich schlimmes Elternhaus. Ich habe erst vor ungefähr einem Jahr meine Erlebnisse hierzu aufgeschrieben. Aber dies war der Impuls auch alles andere zu schreiben. Nichts mehr sollte in meinem Kopf sitzen bleiben. Ok, dieses Interview wird sowieso den Rahmen sprengen, denn Deine Fragen, liebe Marlies, beinhalten zugleich wieder andere Fragen. Ich gebe Euch hier also die Erzählung aus dem Band „Autorenstammtisch – Alltagsgeschichten“:
Die Angst ist weg
3 Jahre alt – Prügel im Heizungskeller – hier hört ihn keiner weinen und schreien.
17 Jahre alt – ein Taschenmesser an der Kehle – Tatort: Kinderzimmer unter dem Dachgeschoss, auch hier hört ihn keiner oder es will ihn keiner hören.
Dazwischen fast wöchentlich Prügel und Schläge mit Kleiderbügeln, Kochlöffeln, Hosengürteln, was eben gerade zur Hand war.
Zu den körperlichen Verletzungen gesellten sich die verbalen Schnitte in die Seele. Sätze wie „Sieh zu wie du klarkommst“ oder „Verreck` in der Gosse“ haben sich tief eingegraben und haben ihn verstummen lassen.
Und immer wieder hat er verziehen, und immer wieder zeigten seine Eltern ihm, dass sie sich im Recht fühlten.
Ja, sie nahmen sich aus einem einzigen Grund das Recht heraus, ihren Sohn so zu behandeln, nämlich weil sie seine Eltern sind.
24 Jahre alt – der letzte tätliche Angriff seines Vaters. Er im Schwitzkasten seines Vaters auf dem Küchenboden der elterlichen Wohnung liegend, nach Luft japsend. Darauf folgte eine lange Zeit der Stille zwischen ihm und seinen Eltern. Jahrelang nicht der geringste Kontakt.
Und wieder ließ er sich beeinflussen. Es mag wohl ein Weihnachtsfest gewesen sein, als sie ihn anriefen und fragten, ob man sich wieder vertragen könne. Und auch da war, wie immer zwischen den Zeilen zu lesen: „Schließlich bist du doch der Schuldige.“ Und wieder einmal hat er nachgegeben.
Nach weiteren verbalen Ausrutschern seitens des Vaters kam es nochmals zu drei solcher Auszeiten. Die längste davon dauerte 6 Jahre an.
Natürlich hat er irgendwann mal wieder nachgegeben, um des lieben Friedens Willen und die Eltern kündigten einen Besuch bei ihm und seinem Freund an. Schon am dritten Tag eskalierte die Situation unter dem Alkoholeinfluss seines Vaters. Schmerzliche Vorwürfe und glatte Lügen, die seine Seele erneut erschütterten. Doch diesmal war es anders. Etwas in ihm verschloss sich und zog einen endgültigen Schlussstrich. Seine Mutter folgte wie immer ihrem Mann, obwohl auch sie in dieser Situation erkannte, dass er im Unrecht war. Doch so hatte sie es ja auch schon früher gehandhabt, sollte doch lieber ihr Sohn die Prügel und die Beschimpfungen über sich ergehen lassen, dann würde ihr Mann wenigstens sie in Ruhe lassen.
Nur haben sie nicht damit gerechnet, dass nun ein Weg zu Ende geschritten war. Er kam zu der Erkenntnis, es ist besser seine Eltern existieren nicht mehr für ihn.
Seine Schwester versuchte den Kontakt zwischen ihm und den beiden Erzeugern herzustellen. Sie schlich sich förmlich in sein Vertrauen ein, um ihn schließlich zu verraten. Bei einem Telefongespräch, bei dem es darum ging, ihn abermals umzustimmen und am 70. Geburtstag seiner Mutter teilzunehmen, bemerkte er, dass sein Vater im Hintergrund das Gespräch mithörte. Feige, wie der Mann ist, hatte er seine Tochter vorausgeschickt, um den Sohn erneut herumzukriegen. Doch, wie schon erwähnt, seit der letzten Auseinandersetzung hatte sich in dem „Jungen“ etwas verändert. Er beendete das Gespräch mit den Worten: „Tut doch einfach alle so, als wäre ich tot. Das ist das Beste für alle!“
Sechs Jahre sind vergangen und nicht der geringste Kontakt zu seinen Eltern. Seit zwei Jahren nun auch nicht mehr zu seiner Schwester und er fühlt sich prima. Befreit, erlöst und erleichtert.
Diese permanenten Angstzustände haben sich in Luft aufgelöst und nur manchmal noch leidet er unter den Alpträumen, die ihn von Zeit zu Zeit heimsuchen.
ER, das bin ich. Sicherlich habt ihr das schon geahnt. Es hat gut getan einmal darüber zu schreiben, obwohl dies hier natürlich nur ein winziges Puzzleteilchen des Geschehens ist. Aber ich trage mich schon länger mit dem Gedanken, ein Buch über meine Kindheit zu schreiben. Manche Erinnerungen werden wieder schmerzen, das weiß ich. Aber ich denke auch an diesen schönen Spruch: „Sich den Schmerz von der Seele schreiben.“
2. Du schreibst ja in sehr vielen Genres. Gibt es dennoch ein Genre, das Dich keinesfalls interessiert, da hier sonst unter Umständen nur ›Müll‹ zustande kommen würde?
Ganz klar – Science Fiction könnte ich gar nicht. Ok, es gibt unheimlich tolle Geschichten darunter, ich erinnere an Stanislav Lem, aber auch solche, wo seitenweise darüber geschrieben wird, wie eine Schraube in die andere fasst. Das kann ich 1. nicht lesen und 2. auch nicht schreiben.
3. Schreibstile sollen unterschiedlich sein – logisch. Bist Du mit Deinem jetzigen zufrieden oder fummelst Du immer noch kräftig daran herum - nur um Dich einem Mainstream, was das betrifft, anzupassen? Wie weit würdest Du anpassungsfähig sein wollen - sprich, wie weit würdest Du hier gehen, um den Mainstream-Leser zu bedienen? Man bedenke, dass Verkäufe oft im Vordergrund stehen.
Es wird ewig ein Weiterentwickeln und kein „Rumfummeln“ sein, denn die Weiterentwicklung ist einfach wichtig. Nicht nur als Autor. Anpassung passt zu meinem ganzen Leben nicht und ich werde mich auch nie anpassen. Das halte ich schon so seit meinem 16. Lebensjahr. Deshalb ist mein MoKo-Verlag auch so vielseitig. Ich will für jeden etwas bieten und die Bandbreite von Büchern so gut wie möglich abdecken.
4. Welche Thematiken gehst Du überwiegend in Deinen Büchern an? Sozialkritische oder auch andere? ›Verwurstest‹ Du gerne Realistisches mit Fiktivem? Und wenn ja, warum?
In meinem Buch „Tod? Ich bin da!“ habe ich ein sehr sozialkritisches Thema aufgegriffen – die Macht der Pharmaindustrie. Meine Leser haben mich mit vielen positiven Rezensionen belohnt. Auch im zweiten abgeschlossenen Teil „Tod? Lebend tot“ geht es um ein Thema, das viele berührt und aufrüttelt: das Darknet.
Aber ich kann wohl auch ganz anders, wie z.B. der Erfolg von „Die Froschprinzen“, einem Märchenbuch für Jung und Alt beweist.
Also möchte ich mich auch hier nicht festlegen.
5. Was macht Dich generell als Autor aus? Sprich, würde der Leser schon aufgrund des Textes wissen, wer hier schreibt – selbst wenn Dein Name, hypothetisch gesehen, nicht auf dem Cover stünde? Kann man überhaupt das Autorendasein lernen oder ist es eher ein Bauch- als auch Kopfgefühl, von dem man beständig angetrieben wird?
Die Frage „Was mich als Autor ausmacht“ können eigentlich nur meine Leser beantworten. Sie kaufen und lesen meine Sachen und wenn es ihnen gefällt und ich eine positive Rückmeldung erhalte, habe ich mein Ziel doch erreicht. Und ja, ich denke inzwischen würden die Leser wissen, wer da schreibt. Warten wir mal die weitere Resonanz auf die „ANGST“-Reihe ab. ??
Frage 5b:
Meine ehrliche Meinung – nein, kann man nicht lernen. Entweder man hat das im Blut und da helfen auch keine Schreibwerkstätten, oder es fehlt einem an Fantasie und der richtigen Vorgehensweise.
Der Verlagsinhaber Markus Kohler
6. Was hat Dich zu der Entscheidung bewegt, einen Kleinverlag zu gründen und vor allem, wofür steht die Abkürzung des Verlags-Logos?
Frage 6 a:
Genügend schlechte Erfahrungen, die ich selbst als Autor mit anderen Verlagen gemacht habe.
Frage 6 b:
M = Markus
O = Oliver (mein Zweitname)
KO = Kohler
7. Wie wichtig ist Dir die Teamarbeit zwischen dem Verlag und den Autoren, und was, in welcher Weise, sollte ein Autor hierzu beitragen? Vor allem, was geschieht mit einem Autor, der hier aus der Reihe tanzt und seinen Willen versucht, permanent durchzusetzen? Immerhin sitzen Autoren und Verlag in einem Boot und ziehen an einem Strang.
Die Teamarbeit ist das A und O. Das Motto des MoKo-Verlages ist das bekannte Musketier-Motto: „Einer für alle und alle für einen.“ Nur so läuft das. Jeder kann sein Scherflein dazu beitragen, in dem er auch die Beiträge anderer Autoren liked oder teilt. Eventuell sogar das eine oder andere Buch kauft und eine Rezension dafür schreibt. Das tut niemanden weh und hilft allen.
Und wer nun ganz und gar auf dem Ego-Trip ist, nun, von dem muss ich mich dann zu Gunsten von jedem Einzelnen verabschieden. Und ja, wir sitzen alle in einem Boot und jeder hilft jedem. Das ist die Grundvoraussetzung für ein gutes Gelingen.
8. Welche Parameter gehören absolut dazu, um einen Verlag als Inhaber konstruktiv führen zu können? Autoren-Betreuung zum Beispiel, hat ja immerhin auch etwas mit Feingefühl am ›Hut‹. Denn nur 1 falsches Wort kann oft zu gruseligen Missverständnissen führen. Welche internen Arbeiten verlangt Dir, quasi neben dem Schreiben, Dein Verlag insgesamt ab?
Einfach alles, was zu einem Verlag dazugehört. Hier ist mal ein Auszug aus einem Verlagsvertrag:
Korrektorat und Lektorat
Covererstellung und Veröffentlichung
Graphische Aufarbeitung mit entsprechenden Illustrationen
Werbemaßnahmen in Presse und Internet
Abhaltung von Lesungen (nach schriftl. Genehmigung des Autors)
Dazu kommt die individuelle Betreuung, die ich mit Allen halte. Ob über Facebook, Telefon oder auch privat. Für mich ist es sehr wichtig hier eine Familie zu haben, die sich „lieb hat“ und mit der wir alle zusammenarbeiten können.
9. Das ist jetzt eine gute Überleitung. Momentan läuft ja die Horror-Sammelband-Reihe -ANGST-, die Du zusammen mit Autoren schreibst – quasi als Anthologie. (Ich merke an, die Reihe umfasst 48 Bände, die jeweils im monatlichen Rhythmus publiziert werden). Woher nimmst Du eigentlich die Ideen und auch die Zeit zu den 48 Untertiteln? Ich finde das richtig grandios, denn so etwas habe ich zuvor noch niemals erlebt. Für mich wirkt das nämlich wie Arbeit ohne Ende.
Liebe Marlies, du hast ja keine Ahnung wie viele Kladden ich hier in der Wohnung verteilt habe. Die werden vielleicht mal richtig viel Geld wert. ?? Nein im Ernst, die Ideen kommen mir, wenn ich einen Titel habe. Darauf baue ich die Geschichten auf. Arbeit ist es natürlich trotzdem, denn es gibt da ja noch andere Projekte im MoKo-Verlag.
10. Welche Tipps könntest Du als Verlagsinhaber, Jung- oder angehenden Autoren mit auf den Weg geben, damit sie ihr Schreib-Ziel verfolgen und auch erreichen? Ich erwähne hierbei die Grammatik- als auch Interpunktionsregeln, jene man als Autor unbedingt drauf haben sollte. Sprich, in wieweit könntest Du Fehler innerhalb gewisser Grenzen tolerieren, bis dass Du im Nachhinein das Manuskript dem/der Autor/-in zurück schickst? Mit dem Hinweis, es nochmals richtig zu überarbeiten. Würdest Du unter Umständen sogar ein solches fehlerhaftes Skript gänzlich ablehnen? Ich meine, bei der Schreibsoftware WORD wird ja immerhin schon einiges an Fehlern aufgezeigt – wie, rote, grüne, blaue als auch schwarze Wellen-Linien unter dem fehlerhaft getippten Wort.
Ich habe schon mehrmals Manuskripte zurückgeschickt, die einfach nicht überarbeitet waren. Es geht nicht an, dass jemand ein „Werk“ einschickt, das nur so von Fehlern strotzt. Wenn die Story stimmig ist, gebe ich meinen Kommentar dazu ab und bitte um Überarbeitung. Leider gibt es aber auch Autoren, die sich förmlich vom „Himmel gefallen“ fühlen und meine Anmerkung nur mit einem verächtlichen Naserümpfen kommentieren. Aber gut, denen kann ich dann eben auch nicht helfen.
Natürlich bedanke ich mich bei Markus Kohler, dass er auf meiner ›Fragen-Matte‹ gestanden hat. Weiterhin den größtmöglichen Erfolg mit dem MoKo-Verlag. Tschaui und … bis denni. Langsam schließt sich die ›Fragen-Tür‹, und Markus Kohler kann sich entspannt zurücklehnen und durchatmen. »Puh! Endlich geschafft«, sind seine letzten Worte und widmet sich wieder dem Verlagswesen zu. Denn hier gibt es massig Arbeit, die auf ihn wartet.