Heute habe ich den Fotografen Peter R. Raab zu Gast. Mit ihm zusammen habe ich das Buch „ZEITraum“ aus dem Karina-Verlag Wien gestaltet. Ein tolles Projekt für das verschiedene Autoren Fotos von Peter R. Raab vorgelegt bekommen haben, um sich dann passende Texte auszudenken. Im MoKo-Verlag wird er mit Fotografien in der Erotik-Anthologie „Hautnah“ vertreten sein, die im Oktober erscheint.
Also Peter, beginnen wir mit den Fragen.
1. Schon in jungen Jahren hast du mit der Kamera deines Vaters, eine Voigtländer, das Fotografieren für dich entdeckt. Was hat dich daran gereizt?
Mit 8 oder 9 Jahren hatte ich bereits meine erste Pocket-Kamera. Ich kann gar nicht mehr sagen, was mich damals daran so fasziniert hat. Ich denke, dass ich schon immer Freude daran hatte, schöne Momente für möglichst lange Zeit festzuhalten. Ich weiß, dass ich schon immer eine Art Kribbeln im Bauch hatte, was mich dann zum Fotoapparat greifen ließ. Mit 11 Jahren konnte ich, wie du richtig sagst, mit der Kamera meines Vaters auf Belichtung und Fokus Einfluss nehmen.
2. Inzwischen steht für dich die Digitalkamera im Fokus. Welche Herausforderung stellt das an dich und deine Bilder?
Auf die Arbeiten, die früher im Fotolabor erledigt wurden, kann man heute durch die digitale Dunkelkammer selber Einfluss nehmen. So kann ich bereits am Bildschirm den Weiß- und Schwarzton, die Schärfe und die Schatten kontrollieren, damit mir das Ergebnis gefällt und das ohne Chemie. Das Fotografieren erfordert nach wie vor sehr hohe Präzision, damit die Datenmenge nicht zu groß wird. Man kann zwar schnell viele digitale Bilder bekommen, diese wollen aber auch alle gesichtet, sortiert und archiviert werden.
3. Findet das Motiv dich oder du das Motiv?
Das ist eine interessante Frage. In der Tat ist es so, dass es dafür keine Regel gibtund es ist eher die Tagesform. Das wichtige ist, dass Motiv und Fotograf sich treffen. Manchmal habe ich auch bei einem gerade gesehenen Szenario eine Bildidee, an der ich dann längere Zeit arbeite, sei es mit Doppelbelichtungen oder Spiel mit den Verschlusszeiten. Teilweise komme ich an mehreren Tagen hintereinander zurück, bis das Licht und die Farben passen.
4. Inzwischen hast du auch schon mehrere Ausstellungen mit deinen Werken gemacht. Wie erarbeitest du solche Konzepte für eine Ausstellung?
Fotografien müssen wirken. Das einzelne Foto darf nicht in der Masse untergehen. Gerade wenn ich mir einige Konten der öffentlichen Medien anschaue, sehe ich deutlich, dass viele Menschen Fotos ins www schicken, nicht um Emotionen oder Aussagen zu transportieren, sondern nur um zu zeigen, dass sie es gerade besser haben, als andere. Entschuldigung, ich schweife ab. Bei der Umsetzung meiner Präsentationen nehme ich gerne die Ideen und Kenntnisse meiner lieben Frau Anke an, die mich immer wieder neu inspiriert und mich jederzeit unterstützt. Wichtig, bei allem was man tut, ist das Herz.
5. Zusammen haben wir das Buch „ZEITraum“ gemacht. Wie bist du bei der Auswahl der Texte zu deinen Fotografien vorgegangen?
Bei der Textauswahl habe ich mich auf mein Bauchgefühl verlassen. Ich suchte Texte aus, die sich weitestgehend mit den Beweggründen für das Foto deckten. Ich suchte den passenden Text zum Fotogefühl. Dabei ergaben sich teilweise auch neue Sichtweisen auf die Fotos. Mit unterschiedlichen Gefühlen spielt auch die komplette Ausstellung „ZEITraum“, was natürlich auch gut in dem Buch zu Geltung kommt.
6. Von nachträglicher Bildbearbeitung hältst du nicht viel. Wie müssen wir uns deine Arbeitsweise dahingehend vorstellen?
Wie oben bereits erwähnt, gibt es auch in der Digitalfotografie einige essentielle „Dunkelkammer-Arbeiten“, die ich einer entsprechenden Software am PC erledige. Lichter, Schatten, Kontraste, einige Analog-Filter, die bereits in der frühen SW-Analog-Fotografie eingesetzt wurden. Ich habe den großen Vorteil, dass mir die Arbeitsweise einer Analog-Kamera bekannt ist. Ich benötige nicht viele Automatik-Einstellungen an der Kamera. Natürlich kommt es vor, dass ich mich dann an das passende Ergebnis mit Probeaufnahmen herantasten muss. Das nehme ich gerne in Kauf. Fotografie beginnt im Modus M, wie manuell, Automatik ist knipsen mit geringen Erfolgschancen. Eher selten, dass da mehr als ein schönes Bild“ bei herauskommt.
7. Wie gehst du an Auftragsarbeiten heran?
Auftragsarbeiten geht immer ein längeres Gespräch voran, in dem ich erfrage, worauf es dem Auftraggeber ankommt. Welche Stimmung soll zum Ausdruck kommen? Wo werden die Fotos später eingesetzt? Dementsprechend kann ich mich dann auf das Shooting einstellen. Portraitiere ich Menschen, freue ich mich besonders darüber, den wirklichen Charakter auf das Bild zu übertragen. Dafür braucht man jedoch schon einen gewissen Draht zueinander.
8. Gab es auch schon Fotografien, die du nach dem Entwickeln nicht mehr verwertet hast?
Oh ja. Da gibt es schon einige, wobei andere sagen, dass sie durchaus gut sind. Mal sehen, vielleicht, wenn meine Stimmung passt, werde ich sie demnächst veröffentlichen.
9. Welchen Herausforderungen im Bereich der Fotografie möchtest du dich noch stellen?
Ich merke, dass es mich im Augenblick mehr und mehr zum Menschenportrait zieht. Da werde ich noch viel aktiver werden. Wer mein Interesse daran bereits vor vielen Jahren weckte, ist der kürzlich verstorbene Starfotograf Peter Lindbergh. Unvergessliche Fotografien!
10. Gibt es sogenannte „Lieblingsmotive“ für dich?
Meine Kamera habe ich quasi immer bei mir. DAS Lieblingsmotiv gibt es nicht speziell. Wenn ich durch meine Sammlungen schaue, sehe ich jedoch viele Natur-und Baum-Fotos mit teils hohen Kontrasten, mehr Schwarzweiß als Farbe. Street- und Architektur-Fotografie sind sehr interessant, besonders der Übergang zum Abstrakten – ich glaube, die Liste der Nicht-Lieblingsmotive ist wesentlich kürzer.
Ich danke Dir für Deine ehrlichen Antworten und freue mich schon auf ein weiteres Interview mit einer Deiner Kolleginnen/Kollegen. Und keine Sorge, es gibt jedes Mal neue 10 Fragen.
Euer Markus vom MoKo – Verlag